top of page

Trauma verstehen: Was es mit uns macht und wie wir heilen können

pehrenberger

Stell dir vor: Du fährst entspannt durch die Stadt, als plötzlich ein lautes Bremsenquietschen ertönt – und dein Körper zuckt unwillkürlich zusammen, dein Herz rast. Oder du gerätst in eine harmlose Diskussion, doch anstatt ruhig zu bleiben, reagierst du mit Panik oder ziehst dich völlig zurück, ohne zu wissen, warum.

Trauma wirkt oft im Verborgenen. Es ist nicht nur eine Erinnerung an ein schlimmes Ereignis – es hinterlässt Spuren in deinem Nervensystem, deinem Hormonhaushalt und sogar in deiner DNA. Etwa 70 Prozent aller Menschen erleben im Laufe ihres Lebens mindestens ein traumatisches Ereignis, doch viele verstehen nicht, warum ihr Körper noch Jahre später darauf reagiert.

In diesem Beitrag erfährst du, warum Trauma nicht nur in deinem Kopf existiert, sondern in deinem ganzen Körper gespeichert ist – und vor allem, wie du den Weg zur Heilung finden kannst.




Trauma ist ein tiefgreifendes Thema, das nicht nur unsere Psyche beeinflusst, sondern auch unser Nervensystem, unseren Hormonhaushalt und sogar unsere Gene. Viele Menschen leiden unter den körperlichen Langzeitfolgen eines Traumas, ohne sich bewusst zu sein, dass alte Erfahrungen noch immer in ihrem Körper gespeichert sind.

In diesem Beitrag erfährst du:

  • Was ein Trauma ist und wie es entsteht

  • Wie sich Trauma auf Gehirn, Hormonhaushalt und Immunsystem auswirkt

  • Welche langfristigen Folgen ein unverarbeitetes Trauma haben kann

  • Welche Wege es gibt, um ein Trauma zu heilen


Was ist ein Trauma?

Ein Trauma entsteht, wenn eine Person eine Situation als bedrohlich oder lebensgefährlich wahrnimmt, aber keine Möglichkeit sieht, sich aus der Situation zu befreien.

Akute Traumata (Typ-1-Trauma) entstehen durch einmalige, überwältigende Ereignisse wie Unfälle, Gewaltübergriffe oder Naturkatastrophen.


Chronische Traumata (Typ-2-Trauma) entstehen durch langanhaltende Belastungen wie Missbrauch, Mobbing oder emotionale Vernachlässigung.

Doch nicht jede gefährliche Situation führt automatisch zu einem Trauma. Entscheidend ist, wie unser Nervensystem die Bedrohung verarbeitet.


Beispiel:Kinder im Regenwald spielen ohne Angst mit giftigen Schlangen, während Touristen in Panik geraten. Hier zeigt sich, dass unsere Wahrnehmung von Gefahr auch erlernt sein kann.


Wie reagiert unser Körper auf Trauma?

Ein Trauma aktiviert unser Notfallsystem, das uns entweder in den Kampf, die Flucht oder in die Erstarrung (Freeze)versetzt.


  • Kampf: Wir setzen Energie frei, um gegen die Bedrohung anzukämpfen.

  • Flucht: Wir versuchen, der Gefahr zu entkommen.

  • Erstarrung: Der Körper schaltet auf "Überleben" um, indem er Bewegungen einfriert und Emotionen abschaltet.

Diese Reaktionen werden von unserem Stresssystem, der HPA-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse), gesteuert.


Was passiert im Gehirn und Körper bei einem Trauma?


1. Die HPA-Achse – Das chronische Stresssystem

Die HPA-Achse ist die zentrale Schaltstelle für unsere Stressreaktion. Wenn wir eine Bedrohung wahrnehmen, passiert Folgendes:

  • Die Amygdala schlägt Alarm

    Die Amygdala, unser Angstzentrum, erkennt die Gefahr und signalisiert dem Hypothalamus, dass eine Notfallreaktion notwendig ist.

  • Hypothalamus aktiviert die Hypophyse

    Der Hypothalamus schüttet Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) aus, welches die Hypophyse stimuliert.

  • Die Nebennieren schütten Stresshormone aus

    Die Nebennierenrinde setzt Adrenalin und Cortisol frei:


    Adrenalin: Erhöht Herzfrequenz, Blutdruck und Muskelspannung.

    Cortisol: Erhöht den Blutzuckerspiegel und unterdrückt kurzfristig das Immunsystem.


Problem:Bleibt das Trauma unverarbeitet, bleibt die HPA-Achse dauerhaft aktiv – das führt zu chronischem Stress und macht auf lange Sicht krank.


2. Cortisolresistenz – Warum chronischer Stress krank macht

Normalerweise soll Cortisol nach einer Stressreaktion den Körper wieder in den Entspannungsmodus bringen. Doch bei anhaltendem Trauma werden die Zellen resistent gegen Cortisol.

  • Das Immunsystem bleibt dauerhaft aktiviert → Erhöhte Entzündungswerte (IL-6, TNF-α, CRP)

  • Das Nervensystem bleibt in Alarmbereitschaft → Angst, Unruhe, Erschöpfung

  • Hormonelles Ungleichgewicht → Schlafstörungen, Gewichtszunahme, Burnout


Langfristig kann eine überaktive HPA-Achse zu Nebennierenerschöpfung führen, was sich in extremer Müdigkeit und Konzentrationsproblemen äußert.


Wie verändert Trauma den Hirnstoffwechsel?

Die Amygdala wird überaktiv – Dauerhafte Angstreaktionen

  • Die Amygdala scannt die Umwelt ständig auf Bedrohungen, selbst wenn keine reale Gefahr besteht.

  • Folge: Menschen mit Trauma sind oft reizbarer, schreckhafter oder erleben Panikattacken.

Der Hippocampus schrumpft – Probleme mit Erinnerung & Orientierung

  • Traumatische Erinnerungen werden nicht richtig als „Vergangenheit“ abgespeichert – Flashbacks fühlen sich an wie Gegenwart.

  • Folge: Gedächtnisstörungen, Dissoziation & emotionale Taubheit.

Der präfrontale Kortex wird gehemmt – Weniger Selbstkontrolle

  • Emotionen können schwerer reguliert werden.

  • Folge: Impulsivität, Stimmungsschwankungen, Schwierigkeiten mit Entscheidungen.

Langfristige Folgen eines unverarbeiteten Traumas

Chronischer Stress: Das Nervensystem bleibt dauerhaft im Alarmzustand.

Neuroinflammation: Erhöhte Entzündungen im Gehirn beeinflussen die Produktion von Serotonin & Dopamin → erhöhtes Risiko für Depressionen & Angststörungen.

Hormonelle Dysbalance: Langfristige Cortisolresistenz führt zu Erschöpfung & Burnout.

Autoimmunerkrankungen: Chronischer Stress kann Krankheiten wie Rheuma oder Hashimoto begünstigen.

Verdauungsprobleme & "Leaky Gut": Trauma verändert das Mikrobiom, was zu Darmentzündungen führt.


Kann Trauma weitergegeben werden?

Ja! Forschungen zeigen, dass Trauma nicht nur psychologisch, sondern auch epigenetisch über Generationen hinweg weitergegeben werden kann.

Anzeichen für transgenerationale Traumata:

  • Ungeklärte, intensive Ängste vor bestimmten Themen oder Orten

  • Wiederkehrende Albträume oder starke emotionale Reaktionen ohne erkennbaren Auslöser

  • Unbewusste Wiederholungen von Verhaltensmustern der Vorfahren

Kann man ein Trauma heilen? – Ja, mit einem

ganzheitlichen Ansatz!

Effektive Methoden zur Traumaheilung

  • Körperarbeit & Bewegung: Yoga, Tanztherapie & Kampfsport helfen, gespeicherte Spannungen zu lösen.

  • Natur & Erdung Barfußlaufen & Waldbaden beruhigen das Nervensystem.✔ Zeit in der Natur hilft, aus dem „Kopf“ zurück in den Körper zu kommen.

  • Kreativität & Ausdruck Kunst, Musik oder Schreiben helfen, Trauma auf eine neue Weise zu verarbeiten. Theater & Rollenspiele können unterdrückte Emotionen freisetzen.

  • Soziale Bindungen & sichere Gemeinschaften Stabile Beziehungen sind ein wichtiger Schutzfaktor gegen Trauma. Oxytocin (das Bindungshormon) wird durch liebevollen Kontakt & Nähe aktiviert.

  • Therapeutische Techniken helfen, traumatische Erinnerungen neu zu verarbeiten. Somatic Experiencing nutzt Körperwahrnehmung zur Traumaheilung.

  • Mindfulness & Atemübungen regulieren das Nervensystem.

Fazit: Trauma verstehen heißt, neue Wege zur Heilung zu finden

Trauma ist nicht nur eine psychische Wunde – es beeinflusst unser Gehirn, Hormonsystem und Immunsystem. Doch Heilung ist möglich! Mit Bewegung, sozialen Verbindungen, Kreativität und therapeutischen Methoden können wir unser Nervensystem neu regulieren.

🎧 Mehr dazu in unserer aktuellen Podcast-Folge mit Dr. Edgar Salazar – jetzt anhören! https://open.spotify.com/episode/4vaRF0RdbIQgdeG2k8Zaw0?si=mJn77KZXRLClNhNwTP2xKA

 
 
 

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Humanimal Talks Folge 4 Transkrip

Manuel: Willkommen zum Humanimal Talks Podcast. Dies ist tatsächlich unsere erste Version des Podcasts auf Englisch. Und der Grund dafür...

Commentaires


bottom of page